
Manche Leute sind ja der Meinung, eine wissenschaftlich-skeptische Weltsicht lasse sich nicht mit der Überzeugung vereinbaren, dass Super Mario wirklich existiert, genau wie sein Bruder Luigi und die vielen süßen kleinen Toadpeople, oder wie die heißen. Ich dachte früher auch mal so.
Glücklicherweise weiß ich es jetzt besser, und ich will euch helfen, auch den Weg zur Wahrheit zu finden.
Ich unternehme deshalb nun den Versuch, Naturwissenschaft und den Glauben an die Realität von Nintendo-Spielen nicht mehr als Gegensätze, sondern als aufeinander angewiesen zu begreifen und miteinander ins Gespräch zu bringen, in einen echten Dialog, der disziplinäre Grenzen behutsam überwindet, ohne in kulturimperialistischer Weise den Beitrag der jeweils anderen Art, die Welt zu sehen, zu missachten, und ich würde mich über alle Maßen freuen, wenn ein paar besonders Gelangweilte Mutige unter euch mich dabei begleiten würden.
Es ist doch so: Selbstverständlich spricht vieles dafür, dass die wissenschaftliche Methode der einzige zuverlässige Weg zur Wahrheit ist, und tatsächlich ist Wissenschaft eine sehr nützliche Sache und funktioniert im Alltag auch ganz tadellos.
Aber seien wir ehrlich, Wissenschaft gibt auf manche Fragen einfach keine befriedigenden Antworten. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Wer hat Prinzessin Peach entführt? Wie viele Münzen passen in einen Fragezeichenblock? Was für eine Art Tier ist Bowser eigentlich?
Antworten auf all diese Fragen findet man nur bei Nintendo, und beim Glauben an die Wahrheit Marios.
Aber, kann ich euch sagen hören, wie soll das denn zusammengehen? Wissenschaft und Glaube an die Sternengeister? Natürlich geht das! Hawking und die Sternengeister schließen einander nicht aus. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man Begriffe wie „Mario“, „Bowser“ oder „Goomba“ richtig deutet.
Ein naives Mario-Bild wie das des latzhosentragenden Klempners, der mit dem Kopf gegen Ziegelmauern springt, ohne je Schaden davon zu tragen, wird von Mario-Gegnern oft eingesetzt, um den Glauben an Nintendo und magische Ultrapilze bequem zu diskreditieren. Nur weil Mario und Luigi als Karikaturen dargestellt werden, können sowohl irregeleitete Mariodisten als auch militante Nintendoleugner einen scheinbaren Widerspruch zwischen „Wissenschaftlichkeit“ und „Glaube an die Realität von Videospielen“ aufbauen, mal, um Gamer auf die kritiklose Annahme exegetisch unhinterfragter namcoistischer Schöpfungsideen einzuschwören, mal, um jeden Videospielglauben pauschal einer wissenschaftlich unredlichen Weltanschauung zu bezichtigen.
Das alles kann sich sparen, wer erkennt: Mario ist kein objekthaftes klempnerartiges Wesen in seiner eigenen Galaxie, kein in Abwasserrohren (lokal verstanden) herumschwimmender Überfreund, der Peach „rettet“, sondern ein allgegenwärtiges Sein, das sich zugleich in Differenz (nicht Distanz) und in Einheit (nicht Gleichheit) zum Sein der Welt verhält. Alle Vorstellungen von Mario sind in gewisser Weise hilflose Krücken, nicht aber der Glaube an Mario. Jede Rede von Mario bedeutet, das Unsagbare zu sagen, und Begriffe unserer Vorstellungswelt als Metaphern zu benutzen, um sich Mario zu nähern, obgleich das Scheitern dieses Unterfangens geradezu konstitutiv zum Marioglauben gehört.
Ihr seht also, die Sache ist ganz einfach. Man muss sich bloß von der Vorstellung befreien, dass Super Mario in irgendeinem Sinne wirklich existiert, und schon ist der Glaube an seine Existenz (natürlich stets im ontologisch-dialektischen Sinne von Nichtexistenz verstanden) auch für diejenigen kein Problem mehr, die gerne echte Skeptiker sein möchten, ohne sich von ihren lieb gewonnenen Gewohnheiten zu trennen.
Mamma Mia!