faz.net hat es schon wieder getan. Wann immer ich mich nicht gut fühle, suche ich die Internetpräsenz der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ auf, und dann lache ich, und lache, und freue mich, bis die letzte Spur von Weltschmerz getilgt ist. faz.net hat auch heute wieder eine große Enthüllung für uns, die gewohnt übergeigt angekündigt wird:
Die Struktur dieser Artikel ist eigentlich immer die gleiche. Wir beginnen mit einem reißerischen Teaser. Der eigentliche Artikel beginnt dann mit einer kurzen Darstellung des Umsichgreifens irgendeines modernen Schnickschnacks auf Kosten irgendeines alten Schnickschnacks:
um dann am Beispiel einer völlig unsinnigen Anwendung des neuen Schnickschnacks zu demonstrieren, dass es nicht nur sinnlos und dumm ist, sondern eine monumentale Bedrohung für unsere Gesellschaft, unser Seelenheil und überhaupt die Welt, wie sir sie kennen. Nachdem man das gelesen hat, hängt man atemlos auf der Vorderkante seines Sitzes. Man weiß, dass man kurz davor steht, einen Blick zu erhaschen auf das Übel, an dem unsere Welt im Kern krankt:
Die jungen Masterstudenten sind aber sozialisiert durch die Schule, durch verschulte BA-Studiengänge, und ihnen fehlt oft jede ernsthafte Erfahrung mit der real existierenden Arbeitswelt. Sie wohnen noch im Kinderzimmer bei den Eltern, auch aus finanziellen Gründen. Viele Entwicklungskrisen des jungen Erwachsenenalters liegen noch vor ihnen. […] Junge Mädchen spielen mit ihrem iPhone, Zettelchen werden geschrieben und durch den Raum geschickt. Die Jungs surfen im Facebook. Die Dozenten bekommen Spitznamen. […] Einige wollen von den Dozenten gern geduzt werden, aber Siezen natürlich ihren „Lehrer“. […] statt von Männern und Frauen zu sprechen, sagen viele durchgängig „Mädchen und Jungen“. Die Mails beginnen mit der Anrede „Sehr geehrter Herr Dr.“ und schließen mit „Lieben Gruß, Anja“.
Fällt euch auf, was die Argumente dieses Artikels gemeinsam haben? Richtig! Sie sind alle Bullshit.
[Quellenangaben wurden nachträglich von der überschaubare-Relevanz-Redaktion eingefügt, und einige gravierende handwerkliche Fehler wurden vor der Veröffentlichung noch korrigiert. Dank für den Namen in der Titelschlagzeige geht natürlich an den Postillon, auch wenn der keine Ahnung von Banken hat.]
Das ist lustig:
„Vielleicht müssen wir uns … der Idee öffnen, als Eingangsvoraussetzung für die Masterstudiengänge eine gewisse Zeit außerhalb des Bildungssystems zu verlagen.“
Erst will man durch die Schulreform den Bildungsweg verkürzen, dann wird er künstlich verlängert? Ja, macht Sinn …
@Dietmar: Es muss einfach werden wie früher, als jeder Universitätsstudent noch endlos praktische Erfahrung hatte und eine abgeschlossene Ausbildung als KFZ-Mechaniker und 30 Jahre Berufserfahrung, bevor er dann im reifen Alter von 48 sein Philosophiestudium anfing, bereit und offen für eine Kultur gemeinsamen „forschenden Lernens“.
Der wäre nie auf die Idee gekommen, während einer Vorlesung mit seinem iPhone zu spielen.
Jetzt fällt’s mir erst auf! Dr. Carlos-Theodore de Bienmontaña, wenn ich bitten darf. Dr.!
@Stefan S.: Dein Hinweis ist in gewisser Weise zutreffend, aber da wir hier bei überschaubare Relevanz den Traum einer klassenlosen Gesellschaft schon lange verwirklicht haben, existieren Titel hier genausowenig wie gesehschlechtsindikative Vornamen.
So sind wir eben hier in der Silberstreifkommune.
@Muriel/klassenlose Gesellschaft: Ich finde wir sollten den Vorsitz der Kommune im Wochenturnus wechseln. Und überhaupt, bist du überhaupt demokratisch legitimiert? Vielleicht sogar nur ein Strohmann der Amerikaner? Es fällt mir wie Schuppen von den Augen!
@TakeFive: Das mit dem Turnus halte ich für keine gute Idee. Ich bin total demokratisch. Und legitimiert erst recht. Ähem. Fang hier bloß keine Konterrevolution an. So reaktionäre Elemente wie dich sehen wir hier nicht gerne, im Arbeiter- und Bauernblog überschaubare Relevanz.
Seht, seht wie er mich unterdrückt!
Blöder Bauer!