Die Debatte über den NSA-Skandal und den Datenschutz ist kaputt. Darüber habe ich schon öfter geschrieben, aber das soll mich nicht davon abhalten, es noch mal zu tun, denn wenn die Panikmacher und Datenschützer immer wieder den gleichen Quatsch wiederholen können, dann können die das schon lange. Deswegen spreche ich heute noch mal die beiden meiner Meinung nach wichtigsten und unerfreulichsten Mängel in ihrer Argumentation an.
Hier zum Beispiel Carsten Knop für die FAZ (Wen sonst?):
, und ich finde das infam. Ich finde das widerwärtig. Ja, ich überreagiere ein bisschen, aber lasst uns nicht über graduelle Unterschiede reden, sondern übers Prinzip: Knop setzt hier einen zwangsweisen Eingriff eines Staates gleich mit dem Handeln eines Unternehmens, das Daten sammelt, die seine Kunden ihm freiwillig zur Verfügung gestellt haben. Er ebnet damit nicht nur einen wichtigen, sondern den entscheidenden Unterschied in der Bewertung so ziemlich allen menschlichen Handelns ein, genauso wie es auch die unsägliche Antiprostitutionskampagne der Emma tut:
Den Unterschied zwischen freiwilligem Handeln und Zwang. Ich schrieb es vor Kurzem schon mal in einem wieder ganz anderen Zusammenhang: Es ist der Unterschied zwischen einvernehmlichem Sex und Vergewaltigung. Es ist der Unterschied zwischen Raub und einem Geschenk. Es ist der Unterschied zwischen Entführung und einem gemeinsamen Urlaub, und es ist der Unterschied zwischen einem Einbruch und einem Besuch bei Freunden.
Echt jetzt. Bin ich überpenibel, wenn ich das wichtig finde, und wenn es mich ankotzt, wenn Leute so tun, als wäre das das gleiche? Bin ich paranoid, wenn ich es nicht nur bedenklich, sondern wirklich sehr, sehr verwerflich finde, diesen wichtigen Unterschied in der öffentlichen Debatte einfach zu ignorieren und damit das Mem zu verbreiten, er spiele keine Rolle? Ist es überschäumende Phantasie, wenn mir total viele Möglichkeiten einfallen, wie das Einebnen dieses Unterschieds einer Gesellschaft entsetzlichen Schaden zufügen kann?
So, erstens.
Zweiter Punkt, den ich nicht verstehe. Herr Schirrmacher darf in solch einer Aufzählung natürlich nicht fehlen.
Und sowas lese ich ja auch dauernd. Es wird in nahezu jedem Artikel zu dem Thema behauptet. Aber es wird nie begründet oder erklärt. Kontrolle im Sinne von Überwachung ja, die ist unbestritten. Die findet statt. Aber Steuerung? Wer steuert uns? Die NSA? Nicht, dass ich wüsste. Google? Ja naja. Wenn Werbeanzeigen schon Steuerung sind, ja, aber dann ist das nichts Neues. Die Bundesregierung, die Landesregierungen, die deutschen Gebietskörperschaften und ihre Organe? Naja, die üben in verschiedenen Formen und Richtungen Zwang gegen uns aus, aber „Steuerung“ impliziert meiner Meinung nach schon ein bisschen was anderes.
Und was sind diese Spielregeln, die niemand kennt? Düsteres Geraune, das nicht der Information dient, sondern der Desinformation, das nicht Aufklärung verbreiten soll, sondern dumpfe Angst, das keinen Lösungsvorschlag bietet, sondern nur Panikmache. Kotzt mich auch an. Finde ich auch höchst unanständig. Zu Unrecht? Sagt es mir, wenn ihr meint, dass ich da was falsch sehe. Ich wills ja gerne verstehen. Ehrlich.
Das dritte ist auch von Schirrmacher und eigentlich nichts Neues. Ich wills nur zum Schluss noch mal zitieren, weil es meinen ersten und zweiten Kritikpunkt so schön illustriert: Unternehmen? Unternehmen sollen gezwungen werden, auf Anfrage alle ihre gespeichert Daten offenzulegen? Warum noch mal? Weil wir nicht okay finden, dass die NSA, ein staatliches Organ, uns ausspioniert? Was soll diesen Zwang rechtfertigen?
Und warum zur Hölle geht es denn plötzlich schon wieder um das Leben selbst? Ehrlich jetzt, kommen diese Leute sich gar nicht blöd vor, dauernd diesen hysterischen Mist zu schreiben, es gehe um das Leben selbst, um die Menschenwürde an sich, um die Welt, wie wir sie kennen, blahfasel? Wo geht es um das Leben selbst, wenn ich wissen will welche Daten mein Mobilfunkanbieter über mich hat? Außer natürlich in dem Sinne, in dem es immer und bei allem, was ich mache, um das Leben selbst geht. Aber so kann Schirrmacher das nicht gemeint haben. Obwohl es andererseits auch nicht blödsinniger wäre als die mutmaßlich beabsichtigte Bedeutung, dass die bei Facebook gespeicherten Informationen über mich mein Leben bedrohen.
Und noch was: Fragt sich noch jemand außer mir, wie der Staat diesen Mitteilungszwang wirksam durchsetzen soll? Ich würde behaupten, das kann er nur, indem er direkten Zugriff auf alle bei allen Unternehmen gespeicherten Daten erhält.
Hm.
Jup, damit dürfte unser Problem mit übertriebener staatlicher Überwachung und Datensammelei ein für alle Mal vom Tisch sein.
Manchmal kommen mir die ganzen Journalisten wie ein Nest aufgeregter Kaninchen vor… (Kennt ihr „Als die Tiere den Wald verliessen“?). Aufgeregtes, aber völlig nutzloses Gesabbel ohne wirkliche Information.
In dem von Carsten Knop verlinkten Artikel finde ich das Zitat von dem NSA-Mann echt lustig:
„Es sind auch nicht Millionen, es geht um Tausende. Und fast alle richten sich gegen Terrorismus und andere solche Dinge.“
Achsoooo…. nur tausende, weiss gar nicht, warum sich alle so aufregen. Schön dann auch das „fast“ und „andere solche Dinge“.
Was an Googles Reaktion ironisch sein soll, verstehte ich nicht. Googles Geschäftsmodel baut doch zumindest teilweises auf dem Vertrauen seiner Kunden auf.
Ich fand folgendes ganz unterhaltsam:
Ohne FAZ ist alles nichts mehr. Und Pläne sind doch immer gut. Ich weiss gar nicht, was du eigentlich hast.
Die Sache mit den Spielregeln finde ich verständlich: Wenn im staatlich organisierten gesellschaftlichen Zusammenleben vom Staat Regeln angewandt werden, die die Bürger nicht kennen – z.B. „Wir forschen euch ordentlich aus, um euch zu beschüzen.“ – dann spielen wir ein Spiel, dessen Regeln wir nicht vollständig kennen. So würde ich es zumindest verstehen.
Sicherlich ist die Spielmetapher in diesem Zusammenhang merkwürdig und das Fehlen des Wortes „vollständig“ kaum entschuldbar, da wir ja einen Großteil der Regeln durchaus kennen. Aber die Idee ist erkennbar.
[…] Aber sogar das könnte meinetwegen dahinstehen, denn es ist in diesem Kontext anscheinend guter Brauch, maßlos zu […]
[…] werde ich es mir nach Kräften verkneifen, auf ihm herumzutrampeln, auch wenn das wenige, was ich von ihm gelesen habe, es mir nicht unbedingt erleichtert. Das soll aber jedenfalls […]