Offenbar hat Google mit Unterstützung von Unitimedia Kabel BW, diversen Bildungsministerien und einer EU-Initiative eine Broschüre herausgebracht, mit deren Hilfe Jugendliche sich mit ihren eigenen Fertigkeiten und Rechten im Umgang mit dem Internet und Dings auseinandersetzen sollen.
Das kann man kritisieren. Wahrscheinlich sollte man das sogar, irgendwie. Ich bin mir zum Beispiel auch nicht sicher, wie angemessen ich es finde, dass staatliche Stellen so etwas in Kooperation mit privaten Unternehmen tun, die eigene Vorstellungen davon haben, wie Jugendliche mit dem Internet umgehen und von ihm und ihnen denken sollen. Und generell bin ich natürlich immer dafür, dass man Dinge infrage stellt, die andere einem erzählen, ganz gleich, ob sie nun die Interessen von Google, eines Ministeriums, oder eines EU-Organs vertreten.
Die SZ hat diese Gelegenheit gesehen und sich entschieden, sie nicht nur zu nutzen, sondern sich dabei auch gleich nach Kräften des bisschens Respekt und Sympathie zu entkleiden, das sie zum Beispiel bei mir manchmal als gefühlt immerhin vertrauenswürdigste Tageszeitung Deutschlands noch genießt.
Wir wissen ja, wie die deutschen Zeitungsverlage zu Google stehen. Nämlich ungefähr so:
Und da kann man es ihnen einerseits nicht verdenken, dass es ihnen schwerfällt, halbwegs sachlich über Google zu berichten, so wie ich zum Beispiel auch verstehen kann, dass es meinem Vater schwerfiel, halbwegs sachlich über meine Mutter zu sprechen. Andererseits … Also, mein Vater erzählte immer diesen Witz von Friedrich II., der die Ausstellung eines Malers besuchte, und diesen darauf hinwies, dass in seinen Bildern ja alles blau sei. Auf die Erläuterung des Malers: „Majestät, ich sehe das so“, erwiderte der König: „Ach, da hättense keen Maler werden dürfe.“ Oder so.
Wovon rede ich eigentlich? Die SZ schreibt in ihrem Teaser:
und impliziert damit für mich ganz eindeutig, dass die Broschüre das Thema Datenschutz schamhaft verschweigt, weil Google nicht will, dass Jugendliche sich darum Gedanken machen. Der Text bestätigt diese Interpretation:
Ich finde, das sind schon relativ klare Vorwürfe, die sich zwar ein bisschen in unscharfen Formulierungen und unentschlossenem Rumgedruckse verstecken, aber mir nicht weniger dummdreist erscheinen, wenn man bedenkt, dass die SZ im letzten Drittel ihres Artikels selbst die Erklärung liefert:
Die Broschüre hat überhaupt keine Antworten. Sie enthält Fragen, und Übungen, und Vorschläge zum Nachdenken, wie:
Zu keinem Themenkomplex liefert sie fertige Antworten. Weder zum Thema Copyright, noch Identity, noch Information/knowledge, noch Privacy, dem aber immerhin sieben von 50 Seiten der Broschüre gewidmet sind.
Natürlich ließe sich auch hier wieder darüber diskutieren, wie die Broschüre die Fragen formuliert, wie mit den Problemen umgeht, und was der richtige Weg wäre, Jugendliche darüber zu informieren und zum Nachdenken anzuregen. Das wäre angemessen und nützlich.
Keins von beidem ist es aber in meinen Augen, mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten niederträchtige Absichten zu insinuieren, jeglichen Beleg für diese Unterstellungen zu verweigern und dann zum Schluss noch mal genau so unfundiert zu unken:
Und wie das halt bei Unterstellungen im Konjunktiv so ist: Klar. Das könnte sein. Aber wie das halt bei öffentlichen Unterstellungen so ist: Auch wenn ich sie im Konjunktiv formuliere, sollte ich sie irgendwie belegen, wenn ich mich nicht selbst dem Verdacht aussetzen will, mit ruchlosen Absichten zu arbeiten. Googles Broschüre schlägt ja schließlich immerhin die Auseinandersetzung vor mit Konzepten wie:
- My entries in search sites are investigated in order to identify my preferences. These are used for advertising
- I’m worried about what government agencies know about my whereabouts and my doings.
- [E]ven if none of my friends or me would post information online, still, some of my personal information is collected and used.
- A right to be forgotten – deleting a digital footprint
Und vor diesem Hintergrund würde ich es schon für angemessen halten, dass der SZ-Autor Andreas Glas klar (Pun not intended, ich schwör!) sagt, wo genau Google seiner Meinung nach beim Thema Datenschutz unsauber gearbeitet hat und was genau er dem Konzern und/oder der Broschüre vorwirft.
Dass er das nicht tut, sondern sich stattdessen entschlossen hat, vage irgendwas zu vermuten und zu hoffen, dass seine Leser sein dumpfes Ressentiment schon irgendwie teilen werden, ist genau die Art von Desinformation und haltloser öffentlicher Diffamierung anderer, die es Leuten wie mir verleiden, Geld für die selbst ernannte Qualitätspresse auszugeben, obwohl wir an und für sich sowohl die Mittel als auch das Interesse hätten, uns von jemandem informieren zu lassen, der seinen Job versteht, und ihn halbwegs vertrauenswürdig zu erledigen versucht.
Schade eigentlich, oder?