obwohl es gefährlich nah dran ist, das geb ich zu.
Wer von euch liebt noch die Gefahr und will trotzdem dabei sein, wie ich meine Meinung zu einer Pressemitteilung des Vereins „Deutscher Juristinnenbund“ von 2019 aufschreibe, die aktuell mit keinem bescheideneren Anspruch antritt als dem, das einzige zu sein, das ihr heute lesen müsst?
Heute müsst ihr eigentlich nur das hier lesen: Zehn Irrtümer über Parität. 👇🏻👇🏽👇 https://t.co/B8j3UrD9eG
(Ich habe keine Ahnung, ob Jana Hensel an diesem Text irgendwie beteiligt war, lasse mich davon aber nicht an meiner launigen Formulierung oben hindern.)
Ich sags deshalb besser jetzt gleich: Es ist okay, wenn ihr meinen Post dazu erst morgen lest.
Ich habe heute mal die ersten zwei Folgen der Serie „Mysterious Mermaids“ auf Netflix angeschaut, weil ich den Trailer interessant fand. Und die Serie fand ich sogar auch gar nicht ganz schlecht, wenn auch sicherlich nichts Besonders. Aber eine Sache ist mir aufgefallen, und ich empfinde sie als ein so gutes Beispiel für selbstverständlichen, beiläufigen Rassismus, den die Produzierenden sicherlich (aus ihrer Perspektive vielleicht sogar aufrichtig, denn ich könnte mir gut vorstellen, dass er ihnen mehr versehentlich passiert ist, wobei … Aber dazu später mehr) emphatisch leugnen würden, der aber doch … ein bisschen zu viel Glauben an ulkige Zufälle erfordert, um noch durch solche plausibel erklärbar zu sein. Und zwar so:
Ja, das ist ein furchtbares Bild, aber Netflix untersagt Screenshots, deshalb hab ichs mit dem Handy abfotografiert.
In Mysterious Mermaids gibt es (bisher) zwei Meerjungfrauen, eine Schwarze und eine Weiße. Letztere ist die, die ihr auf dem Bild da oben auf der rechten Seite seht. Die Schwarze wurde gefangengenommen wurde, und die Weiße ist an Land gekommen und sucht jetzt ihre Schwester, mit Unterstützung von einem Weißen Typen und einer Schwarzen Frau (die ihr wiederum auf dem Bild oben links sehen könnt).
Klingt soweit doch erfreulich divers und so, oder? Ja. Einerseits. Aber die beschriebene Situation führt durch die Eigenschaften der jeweiligen Figuren und ihrer Lage zu dem Ergebnis, dass die Schwarze Meerjungfrau jetzt in einem Tank eingesperrt von irgendwelchen Militärforscher*innen fasziniert betrachtet und befummelt werden kann, während die Weiße Meerjungfrau fasziniert die Schwarze menschliche Protagonistin betrachten und befummeln kann, während der Typ irgendwo rumläuft und was tut. Wie in der Szene oben. Da ist er gerade in einer Bar und streitet mit anderen Typen.
Zweimal also gleich Schwarze Frauen, die wie Objekte gegen ihren Willen neugierig von nicht Schwarzen Personen untersucht und begafft und angefasst werden.
[Nachtrag, 21:57 Uhr] Gerade fällt mir noch was ein, was ich noch gar nicht erwähnt habe: Wegen der beschriebenen Situation ist auch die Weiße Meerjungfrau diejenige, die meistens vollständig menschlich auftritt und allmählich zu sprechen lernt, während die Schwarze Meerjungfrau in ihrem Tank eingesperrt in Fischgestalt und deshalb (Stand: Episode 2, wie gesagt) auch stumm bleibt. [Nachtrag Ende]
Und ja, wie gesagt: Ich kann mir noch vorstellen, dass das den Autor*innen irgendwie passiert ist, durch Zusammenspiel verschiedener Elemente, zu denen natürlich auch der Rassismus gehört, den wir alle halt aufnehmen im Laufe unserer Sozialisation in Ländern wie Deutschland oder den USA (wo die Serie produziert wird, wenn ich das richtig sehe). In meinen eigenen Geschichten finden sich auch Beispiele für verschiedene *ismen auf diesem Niveau, keine Frage. Aber meine Geschichten sind halt auch nur mal so nebenbei von einer einzelnen nicht professionell schreibenden Person im Entwurfsstadium für Feedback ins Internet gestellte Geschichten. Sie sind keine für Millionen Dollar von großen professionellen Teams produzierten kommerziellen Produkte, die weltweit erfolgreich vermarktet und auf Pro7 und Netflix übertragen werden.
Und da endet dann meine Fähigkeit zum Glauben an das Gute im Menschen, denn dass das niemandem aufgefallen sein soll, das ist einfach nicht denkbar. Womit es eine bewusste Entscheidung wäre, rassistische Konzepte (him im Prinzip: Schwarze Menschen, die wie Zootiere behandelt werden, oder eigentlich schlechter als Zootiere) zu reproduzieren. Und damit sehr, sehr verwerflich.
zu schreiben. Jakob Hayner wiederum hat sich gedacht, er müsste für die jungle.world mal wieder das Martensteinkostüm rausholen und so eine richtig schöne Rassismusapologetik schreiben. Der Teaser nimmt gleich vorweg, was uns erwartet:
Jetzt lasst das einmal kurz sacken und dann beantwortet mir bitte aufrichtig, ob unter euch auch nur eine einzige Person sich zutrauen würde, diesen Stil in einer nach eigenem Verständnis linken Wochenzeitung von dem zu unterscheiden, den Die Achse des Guten oder Cicero in so einem Zusammenhang bemühen würden. Schon klar, dass es um eine Marxverteidigung geht, macht es ein bisschen leichter, aber so ganz grundsätzlich?
Zuerst die Enttäuschung: Nein, hier gehts nicht um die Faschosprüche von Benedikt Kuhn, oder zumindest nur nebenbei. Hauptsächlich geht es hier um Journalismus, wie er ist, und warum ich das für ein Problem halte. Nein, mir ist schon klar, dass ich da keiner brandheißen Entdeckung auf der Spur bin, von der außer mir noch niemand was ahnt, aber andererseits habe ich das Gefühl, das ein weiteres gutes Beispiel nicht schaden kann, und das hier ist schon ein ziemlich beeindruckendes Beispiel. Find ich.
Die Hessenschau.de hat nämlich über die Konsequenzen aus Benedikt Kuhns Faschosprüchen geschrieben, und legt auch gleich zum Einstieg ganz ordentlich vor:
Ich kritisiere hier hoffentlich oft genug, wie unkritisch deutsche Medien rechtem Gelaber Raum geben und es hofieren, gerade gestern zuletzt, um nicht verdächtigt zu werden, mir davon mehr zu wünschen.
Im Gegenteil: Ich finde, Journalist*innen können und sollen rechten Dreck als solchen benennen und müssen keineswegs so tun, als wäre Trump ein ganz normaler Politiker – wobei ich fürchte, dass er das irgendwie ist, aber die Diskussion will ich heute nicht unbedingt führen, lassen wirs also dahinstehen.
Mir ist ein Interview mit einem Philosophen zugeworfen worden, und da sag ich natürlich nicht nein.
Ich kannte Byung-Chul Han bisher nicht, aber jetzt kann ich euch über ihn sagen, dass er Interviews offenbar meidet, wenn auch nicht besonders erfolgreich, dass er zu diesem mit der Zeit per Fahrrad gekommen ist und eine Cola bestellt hat. Außerdem, dass er über das Schöne schreibt, weil er gelesen hat, dass Botho Strauß findet, dass das fehlt. Und falls ihr euch jetzt fragt, was das überhaupt heißt, „das Schöne“, dann hat Byung-Chul Han als gestandener Philosoph da natürlich eine Antwort für euch:
Merket auf, denn hier ist Weisheit! Krautreporter hat den Strategen Zat Rana den fünfmillionenneunhundertvierten Artikel darüber schreiben lassen (Naja, oder übersetzen, Original war auf Englisch in Medium.), warum Bücher so unfassbar geil sind:
Tom Liehr ist ein deutscher Weißer Mann. Er arbeitete als [Präzisierung auf Hinweis von Dirk in den Kommentaren: freier] Redakteur für P.M., das ist sozusagen Bild der Wissenschaft für alle, denen Bild der Wissenschaft noch nicht populistisch genug ist, schreibt außerdem aber auch offiziell als solche deklarierte Fiktion und ist offenbar Inhaber eines Softwareentwicklungsunternehmens.
Wer wäre besser geeignet als Experte zum Thema Diskriminierung in der Literatur? Eben. Deshalb hat er im Literaturcafé einen Text veröffentlichen dürfen über „Diversität, politische Korrektheit, Empfindlichkeitslesen und die Literatur„. Einen langen Text. Einen sehr langen Text. Einen sehr sehr langen, sehr sehr schlimmen Text. Einen Text, der so exemplarisch steht für die Fassungslosigkeit Alter Weißer Männer ob des Verdachts, jemand könnte unsere dummdreiste Privilegiertheit antasten wollen, dass er vielleicht eines Tages Eingang finden wird in ein sehr sehr langes, sehr sehr schlimmes Lehrbuch zu dem Thema. Vielleicht ja sogar mit meinen Kommentaren, denn wessen Meinung dazu sollte noch relevanter sein als die eines anderen Weißen Mannes?
Unter dem Titel „Schreiben mit Kondom“, und das muss man erst mal bringen, ein Kondom als Metapher für etwas, das man für überflüssige Mode und Zeichen unverhältnismäßiger Sensibilität hält.
Das Thema wird im Teaser so zusammengefasst, dass „Künstler und Autoren“ – klar, hier regiert das angeblich generische Maskulinum noch unangefochten – immer häufiger „mit der Anforderung konfrontiert werden“, sich Diskriminierung, Rassismus, Sexismus und all die anderen Probleme unserer Gesellschaft bewusst zu machen und zu vermeiden (Er formuliert das natürlich polemisch anders.), oder das manchmal sogar „freiwillig versuchen, weil sie glauben, das zu müssen“. Naja. Freiwilligkeit ist ja traditionell ein dorniges Konzept. Halten wir uns mit diesem scheinbaren Widerspruch nicht auf, nehmen wir als das, was er ist: ein bezeichnendes Indiz für die Haltung des Autors, und stürzen wir uns voller Vorekels in Liehrs Text, denn wir wissen: Vorekel ist der schönste Ekel.
Das wird nicht schön. Ich habs trotzdem gelesen. Damit ihr es nicht müsst.
Ich hab gerade gedacht, vielleicht guck ich doch noch mal in diesen ehemals bezahlbeschrankten Beitrag von Christian Deker und Carolin Fromm bei übermedien über Schularbeit zweier Journalist*innen rein, weil ich gerade Lust hatte, mich zu ärgern, und boy howdy, hat das gut geklappt. Die übermedientypisch nicht gegenderte Überschrift lautet:
Peter Maxwill hat einen Meinungsartikel geschrieben, und naja, wie heißen die Dinger? Mir fällt spontan gerade der Begriff Zentristengewichse ein. Falls ihr einen besseren wisst, sagt Bescheid. Was mir außerdem grade einfällt, ist dieses eine Zitat von Martin Luther King, das in der neuen Facebook-Gruppe nach dem Kerfuffle gerade häufiger vorkommt und in dem es darum geht, dass das größte Hindernis eigentlich nicht der Große Drache und seine Gefolgsleute in den albernen weißen Kutten sind, sondern die Weiße Mitte, sozusagen, also die Leute, denen Ordnung und Ruhe vor Gerechtigkeit geht. Das sagt natürlich so niemand von sich selbst, aber …