Kramp-Karrenbauer arbeitet derweil bereits an einer neuen argumentativen Geheimwaffe. Wie aus inneren Kreisen der Staatskanzlei zu vernehmen war, denke sie für die Zukunft sogar über eine Drohung mit gemischtrassigen Ehen nach.
Unzucht
13. November 2014Bis zum 31. Mai 1994 (Ja, wirklich.) waren homosexuelle Handlungen unter Männern in der Bundesrepublik Deutschland durch § 175 StGB unter Strafe gestellt, wenn auch unter zunehmend engeren Voraussetzungen. In der Zeit bis zur Streichung der unseligen Norm wurden natürlich auch tatsächlich Männer denunziert, festgenommen, angeklagt, verurteilt und bestraft, für einvernehmliche sexuelle Handlungen mit anderen Männern.
Ich finde, darüber kann man mal einen Moment nachdenken. Ich brauche immer ein paar Sekunden, um mir bewusst zu machen, dass das tatsächlich so war, bis vor Kurzem. Und dann ärgere ich mich umso mehr über diese … sonderbaren Menschen, die ernsthaft bestreiten, dass homosexuelle Menschen in unserer Gesellschaft unfair behandelt werden, und frage mich, wie man funktionieren muss, um Dinge zu schreiben wie:
(Als ernstgemeinter Diskussionsbeitrag auf der Website eines gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Mediums, übrigens. Ich sag nur.)
2012 hat der Berliner Senat unter Führung der SPD im Bundesrat einen Antrag auf Rehabilitierung der Opfer durchgesetzt, die aufgrund § 175 StGB verurteilt wurden. Wünschenswert wäre natürlich, wie Professor Klaus Gräditz ganz richtig der SZ sagte, ein allgemeines „Rehabilitierungsgesetz für das Sittlichkeitsstrafrecht“, das auch die Menschen freispreche, die beispielsweise wegen Kuppelei bestraft wurden. Aber bis heute ist nichts weiter geschehen. Es wird diskutiert, ob und wie es ginge, und teilweise wirkt es auch, als wolle man nicht recht.
Das sagt in meinen Augen nicht nur etwas über die Einstellung unserer Gesellschaft zu Homosexualität, Sexualität und diesem überhaupt ja rundum recht scheußlichen Konzept der Sittlichkeit, sondern auch über das Selbstverständnis unseres Staates, und ist in meinen Augen – Hämmer und Nägel, ihr kennt das – ein ganz gutes Beispiel dafür, warum ich auch das einigermaßen scheußlich finde.
Ich denke, dass es völlig selbstverständlich sein sollte, dass Menschen, die evident ohne vernünftigen Grund eingesperrt oder sonstwie benachteiligt wurden, nicht nur rehabilitiert gehören, sondern auch entschädigt, und darüberhinaus sollte man vorbehaltlich der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit von Strafen auch über Konsequenzen für die Täter nachdenken, und wenn man dabei halt zu dem Ergebnis käme, dass man nicht mehr tun sollte, als ihre Taten zumindest einmal deutlich als Unrecht zu bezeichnen, dann wäre das doch immer noch mehr, als unser Staat bisher zustande gebracht hat.
Man stelle sich im Vergleich einmal vor, es wären nicht Polizisten, Richter und Abgeordnete gewesen, die andere Menschen zu Unrecht misshandelt, beschimpft und eingesperrt hätten, sondern die Mitglieder irgendeiner anderen Organisation. Würden wir denen dann mehrere Jahre zugestehen, in denen sie drüber beraten, ob sie es irgendwie mit sich vereinbaren können, zumindest offiziell zuzugestehen, dass ihre Opfer damals es eigentlich vielleicht nicht so richtig verdient hatten? Himmel, sogar die römisch-katholische Kirche scheint nicht schlechter drin zu sein, mit eigenem vergangenem Unrecht umzugehen als unser gerade in den letzten Tagen gerne mit Stolz so bezeichneter Rechtsstaat.
Und ich finde, auch darüber kann man mal einen Moment nachdenken.
Problem gelöst
16. August 2013Moskau. Wie soeben bekannt wurde, ist die Strategie des IOC und des deutschen Außenministers Guido Westerwelle in Bezug auf das russische Gesetz gegen „Propaganda von nicht traditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen“ perfekt aufgegangen. Die Duma kündigte an, das Gesetz mit sofortiger Wirkung zurückzunehmen. Homosexualität soll in Zukunft durch den russischen Staat nicht länger schlechter gestellt sein als alle andere sexuellen Ausrichtungen.
Der Sprecher des russischen Parlament Sergey Naryschkin sagte dazu:
Schon die Erwartung des deutschen Außenministers, dass wir Minderheiten schützen, hat uns schwer zu denken gegeben. Als er dann auch noch öffentlich ankündigte, die Entwicklung sehr genau beobachten zu wollen, war eigentlich schon klar, dass wir handeln müssen. Der letzte Anstoß war für uns aber die klare Absage an eine Diskussion über Boykotte der Olympischen Spiele. Bis dahin hatten wir noch gehofft, dass die westlichen Staaten uns durch eine öffentliche Debatte das Feld überlassen, aber durch ihre konsequente Tatenlosigkeit und die rückhaltlose Beobachtung bleibt uns keine Wahl, als das Gesetz sofort wieder aufzuheben. Uns war klar, dass durch die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi der Fokus und das Interesse der Weltöffentlichkeit auch auf kritische Punkte im in unserem Land gelenkt wird und dass tiefgreifende Reformen und ein klarer Einsatz für Menschenrechte und Freiheit die einzige Möglichkeit für uns ist. Diese Lektion haben wir aus den anderen sportlichen Großereignissen der letzten Jahre gelernt, bei denen es ja bekanntlich genau so gelaufen ist.
Abschließend reckte und schüttelte Naryschkin noch einmal wütend und frustriert seine Faust in Richtung Berlin, bevor er Vladimir Putin die Bühne überließ, der aufgrund des übermächtigen Drucks der internationalen Gemeinschaft seinen sofortigen Rücktritt von allen Ämtern ankündigte.
Eher nein.
17. Juli 2012Stefan Niggemeier schreibt:
Deshalb findet er es falsch, dass die Chefredakteurin der taz einen Artikel gelöscht hat, der genau das tat.
Und ich glaube, ich bin da vorsichtig anderer Meinung. Also, klar, spekulieren an sich darf natürlich jeder über alles. Aber als Zeitung, öffentlich, das ist was anderes, und aus meiner Sicht sollte es unter dem Niveau eines ernstzunehmenden Mediums sein sein, Mutmaßungen darüber anzustellen, mit welcher Art Mensch Herr Altmaier gerne Geschlechtsverkehr hat, falls überhaupt. Für wen soll das denn eine relevante Information sein, außer natürlich für Leute, die gerne mit Menschen wie Herrn Altmaier Geschlechtsverkehr haben? Und ich finde, denen ist zuzumuten, ihn selbst zu fragen, ob er zur Verfügung steht.
Offensichtlicher Blödsinn
24. November 2011Bei dem Unternehmen Bayer Healthcare AG werden auch in Zukunft Außendienstmitarbeiter, die auf blonde Frauen mit Sommersprossen stehen, grundsätzlich nicht mit ihren Partnerinnen gemeinsam ihren Dienstwagen nutzen dürfen.
Alle vier Gesprächskreise des Pharmakonzerns kündigten am Dienstag in Leverkusen an, diesen Grundsatz nicht anzutasten und lediglich in Einzelfällen blonden, sommersprossigen Paaren das gemeinsame Fahren im Firmenfahrzeug zu eröffnen.
Am kritischsten zur gegenwärtigen Regelung äußerte sich der liberale Gesprächskreis «Offene Bayer AG». Dessen Voristzende Sabine Kreisker sprach sich für die Gleichbehandlung solcher Paare und die grundsätzliche Öffnung der Dienstwagen für diese Personengruppe aus. «Schweren Herzens» sei man aber bereit, im Interesse der betroffenen Außendienstmitarbeiter an der bisherigen Einzelfallregelung festzuhalten, sofern sie rechtssicher als Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag festgeschrieben werde.
Hans Winter vom konservativen Gesprächskreis «Lebendige Bayer AG» wies darauf hin, dass er mal ein altes Buch gelesen habe, das die Zuneigung zu blonden Frauen mit Sommersprossen durchgängig negativ bewerte. Derartige Paare im Dienstwagen könnten keine betrieblich legitimierte Praxis sein. Winter warb dafür, dass die Bayer AG auch arbeitsmedizinische Initiativen für Menschen unterstützt, die ihre Neigung zu blonden, sommersprossigen Frauen nicht ausleben wollten.
Abteilungsleiter Heinz Gosen von der als gemäßigt geltenden Gruppierung «CSR und Bayer» sagte: «Es geht, wenn es im Betrieb geht.» Man stehe voll und ganz hinter dem Leitbild Familie im Dienstwagen, das werde auch auf Dauer so bleiben. Deshalb könne nur wie bisher im Einzelfall ausgelotet werden, welcher Handlungsspielraum für Mitarbeiter mit vorliebe für blonde Haare und Sommersprossen bestehe.
Karl Franz von der sich als Reformbewegung verstehenden «Bayer AG für morgen» sprach sich ebenfalls für die Einzelfallregelung aus. Diese sei «kein betriebswirtschaftlicher, sondern ein politischer Kompromiss». Da gelebte Liebe zu blonden Frauen mit Sommersprossen von den Kunden der Bayer AG unterschiedlich beurteilt werde, setze man sich für eine Regelung ein, die bei möglichst vielen Menschen Akzeptanz finde.
(Quelle: epd)
Sanella ist Backen
23. März 2011Ich habe gerade zufällig bei kath.net einen Text gefunden, der meiner Meinung nach hervorragend einige Dinge illustriert, die an Religionen allgemein und namentlich der christlichen nicht stimmen.
Er trägt die vielsagende Überschrift „Die Ehe – Realsymbol des neuen und ewigen Bundes“ und stammt aus dem Schreiben „Familiaris Consortio“ des letzten Papstes Johannes Paul II.
Um es gleich zu Anfang kurz zusammenzufassen: Das Christentum
- fördert erstens eine Weltsicht, die nicht auf unvoreingenommener Erforschung der Wahrheit basiert, sondern auf dem mehr oder weniger blinden Glauben an Autoritäten wie Jahwe, die Bibel oder die Kirche,
- behauptet zweitens unter Berufung auf diese Autoritäten, dass ihr Gott nicht nur existiert, sondern außerdem noch ganz klare Vorstellungen dazu hat, wie wir uns zu verhalten haben und mit wem wir wie kopulieren dürfen,
- ermöglicht damit drittens eine moralische Bewertung von Fragen, die eigentlich nichts mit Moral zu tun haben und einer Bewertung als „falsch“ oder „richtig“ gar nicht zugänglich sind und
- gibt auf dieser Basis unsinnige Regeln heraus, deren Befolgung erhebliches Leid und Unglück verursachen kann.
Moralischer Relativismus
13. Januar 2011Was ist eigentlich mit der „Zeit“ los? Ist das Zufall, dass mir das gerade immer wieder auffällt, oder verfolgen die derzeit die Strategie, sich zum Sprachrohr christlicher Fundamentalisten zu machen?
Egal.
Acht ehemalige evangelische Bischöfe haben sich in der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ zur Homosexualität geäußert und sie unter anderem als „widernatürlich und schöpfungswidrig“ bezeichnet.
Wenn man nun mit Christen darüber diskutiert, bekommt man nicht selten Antworten, die in die Richtung gehen, dass man doch bitte Respekt vor ihrer Meinung haben solle und dass es unanständig sei, andere Leute zu verurteilen. Auf die Frage hin, ob das mit dem Verurteilen und dem Respekt auf für Leute gilt, die anderen Leuten widernatürliches und schöpfungswidriges Verhalten vorwerfen und ihnen sagen, dass sie gefälligst zölibatär zu leben haben, weil ihr unsichtbarer Freund sonst echt sauer wird, folgt dann meistens der Rückgriff auf die Bibel oder der Hinweis, dass man ja nichts gegen die Homosexuellen gesagt habe, sondern nur ihren Lebensstil wahrheitsgemäß als Sünde identifiziere.
Das ist natürlich Blödsinn. Aber weil ich der Meinung bin, dass jeder, der bereit ist, ein bisschen darüber nachzudenken, das von selbst erkennt, erkläre ich es hier nicht weiter, sondern sage einfach nur kurz das, was ich solchen Leuten zu sagen habe:
Eure Ansicht ist borniert, bigott, ekelhaft, abstoßend, widerwärtig, amoralisch, schwachsinnig und unmenschlich. Dass ihr sie auf ein altes Buch stützt, ändert daran überhaupt nichts. Eigentlich ist es sogar noch verwerflicher, als wenn ihr euch das selbst überlegt hättet und sowas wie echte Gründe dafür nennen könntet.
Und wenn ihr im Ernst beleidigt seid, weil euch jemand das sagt, oder sogar erwartet, dass jemand diese Abscheulichkeit respektiert, dann legt ihr damit ein Ausmaß an Dummdreistigkeit an den Tag, zu dem ich nichts Zivilisiertes zu sagen habe.